Eine außergewöhnliche Tierfamilie auf dem Weg ins Terrarium?
„Will you walk a little faster?“
said a whiting to a snail.
„There`s a porpoise close behind us,
and he`s treading on my tail.“
Lewis Carroll, 1832 – 1898
Unsere Leser werden sich sicher fragen: „Was ist denn das nun für eine Spinnerei? Landschnecken im Terrarium – die reichen uns schon im Garten oder bestenfalls (???) auf dem Speisezettel!“ Unsere Aquarianer wird diese Form der Liebhaberei sicher gar nicht so "abartig“ finden, gehören doch Schnecken zu den normalen Bewohnern eines Aquariums, wenn sie auch so manchmal zu einer reinen Plage werden können (wie ich als Ex-Aquarianer noch weiß).
Ich will mich hier auch nicht über die Zucht von unseren heimischen Gehäuse- oder Nacktschnecken auslassen, sondern die exotischeren und oft sehr imposanten Tiere besprechen. Vielleicht kann ich manchem Leser doch diese Tiere „schmackhaft“ – im übertragenen Sinne – machen?!
Zwei Bekannte sind immerzu immens an Landschnecken interessiert, sie haben sich völlig auf die Haltung und Zucht dieser Geschöpfe spezialisiert.Literaturmäßig ist so ziemlich absolute Flaute angesagt. Aus kommerziellen Zwecken gibt es Literatur über die Zucht von Weinbergschnecken, aber über die Haltung von Indischen Glasschnecken (wunderschöne Tiere mit filigranen Gehäusen), Türkischen Mauerschnecken, die sich in enormer Geschwindigkeit fortpflanzen und ihr Leben an Steinwänden verbringen oder aber die Giganten der terraristischen Schneckenfamilien , die Achatschnecken? Da muss sich der interessierte Laie sehr abmühen, um etwas annähernd Aussagekräftiges zu finden!Entgegen der allgemeinen Meinung sind Schnecken sehr interessant, einerseits einfach zu pflegen, andererseits sehr anspruchsvoll, da man einige unabdingbare Grundsätze beachten muss: keine Staunässe oder -luft; absolute Sauberkeit; Durchlüftung bei hoher Luftfeuchtigkeit; kalkhaltiges Substrat.
Viele Schnecken sind absolute Futterspezialisten, wenn sie nebenher auch alles Andere an Pflanzenresten fressen.Achatschnecken, die enorme Größen von bis zu 25 cm „Fußlänge“ erreichen können und große Gehäuse bekommen, die Suppentassenformate annehmen können, werden am meisten gehalten. Die Achatschnecken sind besonders interessant, da sie eben die enormen Größen erreichen können, Mengen von Eiern produzieren und wunderschön gezeichnete Gehäuse besitzen, deren Farben von weiß bis dunkelbraun reichen, orange, gelbe, goldfarbene Bebänderungen aufweisen.
Es ist strikt verboten Achatina fulica, die wohl mächtigste Landschnecke, in die USA zu importieren, da sie durch Aussetzen zu einer enormen Faunenverfälschung geführt hat und Riesenschäden durch ihren Riesenhunger angerichtet hat und anrichtet.Schnecken sind Hermaphroditen, d.h. sie haben sowohl männliche wie auch weibliche Genitalien. Zur Verpaarung suchen sie sich Partner, deren Geschlechtsorgane genau zueinander passen. Nach erfolgter Paarung kommt es zur Eiablage in feuchter Erde und dann zum Schlupf der Jungtiere.In der Regel verzehren die Achatschnecken alles, was sie an Pflanzen und deren Resten bekommen können. Ihre Hauptaktivitätszeit liegt während Zeiten hoher Humidität und geringer Lichtintensität, was man bei der Aufstellung der Terrarien beachten muss. Das Substrat sollte kalkhaltige, feuchte Erde sein, die man mit Wurzelverstecken und Sphagnummoos bedeckt. Unbedingt muss der Behälter dicht und fest verschlossen sein, da die Tiere sehr kräftig sind und ohne Mühe aufgelegte Abdeckplatten hoch heben.
Die Temperaturen sollten im Bereich um die 25 °C sein, Temperaturen unter 18 °C vertragen Achatschnecken, die aus Afrika stammen, nicht.Will man Landschnecken halten, muss man sich an die enormen Futtermengen gewöhnen und die damit verbundene Arbeit des ständigen Reinigen des Behälters um diesen von Kot und Schleim zu befreien. Tut man dieses nicht, hat man nur wenig Freude an den Tieren, da sie garantiert erkranken. Zusätzlich zum Futter sollte man Sepiaschalen in das Terrarium geben, welche die Tiere sehr gerne abraspeln.
Nach dieser Methode lassen sich so ziemlich alle terristischen Schnecken halten. Weniger Aufwand in der Überwachung der Luftzirkulation und der Feuchtigkeit verlangen die Türkischen Mauerschnecken. Sehr diffizil ist dagegen die Beachtung der Kalkaufnahme bei den Indischen Glasschnecken.
Wie man sieht hat jede Schneckenart ihre eigenen Bedürfnisse. Wer diese Tiere interessant findet sollte sich unbedingt mal zwei, drei Exemplare „seiner“ Art zulegen (Achatina ssp. werden regelmäßig angeboten, wenn auch zu recht hohen Preisen). Abnehmer für den Nachwuchs findet der Liebhaber immer.
Nur eines sei hier ausdrücklich gesagt: niemals aussetzen (s.o.); aber das brauche ich unseren Lesern wohl nicht zu sagen.Ach noch eines: Achatschnecken findet man auf jeder „gut sortierten Speisekarte“ und in jedem „gut sortierten“ Feinschmeckerladen – aber: muss das sein???
Herbert Saurer